Piestingtallauf vom 21.10.2012

 

Auf einmal läuft man 70 ...

 

Bei meinem letzten HM in dieser Saison im Frühjahr in Linz zog ich mir eine Knieverletzung zu, die mir viel Trainingszeitverlust samt komplettem Wiederaufbau der Grundlagenausdauer brachte. Ich musste meinen nächsten HM-Antritt von August auf September und schließlich Oktober verschieben. Da war dann die Wahl nicht schwer: Schon vor zwei Jahren wollte ich im Piestingtal laufen, habe mich dann aber kurzfristig für Ljubljana entschieden. Im Vorjahr gab es keinen Piestingtallauf. Heuer wollte ich die rund 130 negativen Höhenmeter und allfälligen dauerhaften Rückenwind (Punkt-zu-Punkt-Strecke von West nach Ost) für eine schnelle Zeit nutzen. Der Laktattest eine Woche vor dem Rennen signalisierte mir allerdings eine Endzeit von 2:02:02 h, wenn ich - wie üblich - den 2,0mmol-Wert (5:47 min/km) laufen würde.


Rennverlauf: Wider dem Laktattest wollte ich versuchen, unter zwei Stunden zu finishen. Nach langer Tüftelei und Studium meiner bisherigen HMs nach dem jeweiligen Laktattest entschied ich mich für eine Anfangsgeschwindigkeit von 5:45 min/km. Ich wollte vorsichtig beginnen, da auf den ersten 7 Kilometern laut Streckenprofil ständig Anstiege zu bewältigen waren. Bis KM 17 war dauerhaftes Gefälle am Streckenplan ausgewiesen, wo ich mich dann auf 5:40 runtergearbeitet haben wollte. Beim Einlaufen merkte ich, dass ich 5:15 min/km kaum spürte, was mich positiv ins Rennen gehen ließ. Diese 5:15 lief ich dann auch gleich bergauf los und benötigte bis zum Ende des ersten Kilometers, mich auf 5:30 einzubremsen. Ich versuchte dann, auf den Anstiegen Tempo herauszunehmen und es bergab rollen zu lassen. Dies gelang auch gut. Und ich war positiv überrascht, wie moderat die Anstiege bis KM 7 waren. Sie waren kein wirkliches Kriterium, eher ein Auf-Ab wie beim Kärnten-Läuft-HM, der als schnell gilt und es auch ist. Stutzig machten mich allerdings die KM-Markierungen: Meine Garmin stoppte den KM stets viel früher ab. Ich fragte daraufhin einen Läufer neben mir, ob aus seiner Sicht die KM-Markierungen passen. Dies sollte sich als Glücksfall herausstellen, da ich mit ihm schließlich von KM 8 bis KM 19 Seite an Seite lief. Bei KM 8 hatte ich einen KM-Gesamtschnitt laut meiner Garmin von 5:36. Sollten die KM-Markierungen passen, wäre ich natürlich entsprechend langsamer. Mein Begleiter war im Piestingtal aufgewachsen und konnte mir jede Steigung bereits im vorhinein ansagen. Insbesondere über den laut Streckenprofil heftigsten Anstieg bei KM 17 half er mir regelrecht drüber: Er kündigte ihn mir zeitgerecht an und meinte dann, dass wir "bei der Laterne" (ungefähr auf halber Strecke der Steigung) gehen würden. Dies erwies sich als goldrichtig, da wir im Gehen Läufer einholten und oben angekommen gleich weiterlaufen konnten. Die Kilometer vergingen wie im Flug und wir hielten unseren Schnitt konstant auf 5:36. Selbst bei den Labestationen waren wir synchron: Wir tranken beide im Gehen. Bei KM 19 wollte ich meinen Begleiter, der mir seine persönliche HM-Bestzeit mit 1:43 h bekanntgab, nicht bremsen und sagte ihm, dass er jetzt "sprinten" könne, wenn er wollte. Er verabschiedete sich dann auch. Allerdings stellte sich wieder klar heraus, dass ein gemeinsames Laufen wesentlich einfacher ist als ein Solokampf, auch wenn man dabei gleich viele Schritte machen muss: Mein Begleiter war lediglich 11 Sekunden vor mir im Ziel. Ich muss aber anmerken, dass ich die letzten Kilometer allein laufend ordentlich aufs Tempo gedrückt habe und meine schnellsten KM-Zeiten dieses Rennens lief. Ich wusste nämlich nicht, ob der HM-Kurs im Piestingtal etwas länger ist als 21,1 KM. Tatsächlich war er um 140 m länger. Als ich auf der Zieluhr eine 1:58er-Zeit aufleuchten sah, jubelte ich entsprechend!
 
Strecke: Die rund 130 negativen Höhenmeter klingen verlockend, doch weist die Strecke von Gutenstein nach Wopfing einige Kriterien auf. Neben dem schon beschriebenen "Bock" bei KM 17 sind zahlreiche kleine Brücken zu überqueren. Einmal ging es dabei sogar über (rutschige) Stufen hinauf und auf der anderen Seite hinunter. Daneben sind mehr als zehnmal die Bahngleise zu überqueren. Gottlob kam nie ein Zug, sodass man Warten hätte müssen. Grundsätzlich ist die Strecke aber sehr abwechslungsreich. In Gutenstein geht es nach dem Start beim Bahnhof mit ausreichend Parkplätzen und Aufwärmmöglichkeiten zunächst durch den Ortskern. Meist läuft man danach auf Radwegen. Aber auch Wohnstraßen und Güterwege werden belaufen. Das Ziel befindet sich mitten im Betriebsgelände des Wopfinger Baustoffwerkes, was etwas Besonderes ist und Flair hat.
 
Organisation: Die Startnummernabholung im Gelände des Wopfinger Baustoffwerkes ging zügig, da ausreichend Personal vor Ort war. Nachdem es kein Leiberl in meiner Größe mehr gab, wurde mir problemlos aus dem Kontingent der Kinderläufe ein Leiberl für meinen Sohn ausgehändigt. Parkplätze sind ums Werksgelände in Gehweite vorhanden. Vom Ziel gibt es Shuttlebusse zu den Startorten (HM, 10 KM und 5 KM). Entlang der Strecke sind überall Einweiser für die Läufer bzw. Polizisten, die den Verkehr bei Straßenquerungen stoppen. Das Personal an den Labestationen ist absolut engagiert und feuert nebei auch noch an. Die Zielverpflegung war mit einem Kuchenbuffet und verschiedensten Getränken inkl. Bier sehr üppig.
 
Wetter: Der von mir erhoffte Rückenwind blieb ebenso aus wie der in der Wettervorschau prognostizierte (Südost-)Gegenwind. Es war windstill. Daneben herrschte Hochnebel bei nur 8 Grad. Fürs Laufen war dies perfekt, fürs Zuschauen weniger.
 
Spezielles/Statistisches: Jetzt kann ich die Überschrift dieses Berichts aufklären: Im Piestingtal bestritt ich mein insgesamt 70. Rennen! Zum 10. Mal war ich in Niederösterreich am Start. Meine Endzeit von 1:58:15 h reiht sich als 14.schnellste/langsamste Zeit von 27 HMs ein: Bei 13 HMs war ich schneller, bei 13 langsamer.

 

Resümee: Der HM im Piestingtal hat mir bestätigt, dass für eine gute Laufzeit ein moderater Beginn und konstante Kilometerzeiten das Um- und Auf sind. So musste ich mich auf den letzten Kilometern entgegen meinen Erwartungen nicht plagen. Ich konnte den 2,0er-Wert des Laktattests um 11 sec/km "unterlaufen". 2,5 oder gar 3,0 mmol scheinen mir aber nicht erreichbar. Ich bin aber mehr als froh, dass ich mir durch die Wahl des richtigen Anfangstempos (aufgrund des Laktattests und meiner eigenen Analysen) den Wunsch einer Zeit unter 2 h erfüllen konnte. Eine bessere Zeit war mit nur fünf langen Läufen in der Vorbereitung - und diese verteilt auf über drei Monate (!) - nicht drinnen.

 

Ausblick: Die heurige Rennsaison möchte ich mit zwei Rennen komplettieren und damit mein 10. Wettkampfjahr mit 10 Rennen beenden. Zeitziele stehen dabei nicht im Vordergrund. Vielmehr möchte ich in den kommenden Wochen meine Grundlagenausdauer im Hinblick auf die nächste Saison verbessern. 2013 soll dann der HM, konkret die Verbesserung meiner HM-Bestzeit, an erster Stelle stehen.