Nizza Halbmarathon vom 17.4.2011

 

Im Langarmshirt der Cote d´Azur entlang!

 

Nach zwei Rennen mit Verletzungsproblemen im Vorfeld (Bratislava - Knie, Eisenstadt - Wade) war ich diesmal völlig fit in Nizza am Start. Mit meiner Familie hatte ich für eine Woche ein Appartement in unmittelbarer Start/Ziel-Nähe an der Promenande des Anglais gemietet. Dort kam ich gleich viermal im Rennen vorbei: KM 1, 4, 10 und 20. Andrea und Theodor konnten mich also vom Balkon aus sehen, kamen aber zum Start mit und warteten beim Zieleinlauf direkt beim Zielbogen auf mich. Um in der Läufermasse besser gesehen zu werden, bat mich Andrea zu Hause schon, ein rotes Shirt anzuziehen. Wie es der Zufall so wollte, gab es in Nizza ein rotes Teilnehmershirt, sodass ich mein Ersatzshirt - ein grünes Langarmshirt - anziehen musste. Dies war aber kein Problem, da es eine dünne Stoffqualität aufweist. Derart auffällig gekleidet begab ich mich rechtzeitig in die Startaufstellung.

 

Rennverlauf: Da ich erstmals in dieser Saison verletzungsfrei in ein Rennen gehen konnte und meine Beine sich hervorragend anfühlten, hatte ich große Erwartungen. Ich wollte einen Schnitt von 5:20 und somit meine drittbeste HM-Zeit laufen. Außerdem wollte ich mein Limit für die bevorstehende HM-Europameisterschaft in Thionville austesten. Das Wetter konnte nicht als Ausrede dienen, da es ausgezeichnet war. Auch durch die Läufermassen ließ ich mich nicht nervös machen, schließlich stand ich sehr weit vorne in der Startaufstellung (ca. erstes Viertel) und hatte derartige Umstände schon einmal (in Lissabon) gut gelöst. Auch die Auf-Ab-Strecke in der ersten Rennhälfte war mir egal, da mir solche Streckenverläufe schon öfters untergekommen sind. Nach dem Startschuss ging es rund 1 KM auf der Promenade des Anglais entlang, wo mich Andrea erstmalig in meinem giftgrünen Shirt fotografierte. Dann bogen wir vom Meer rechts weg Richtung Innenstadt auf die Avenue Gambetta - eine sehr breite, aber leicht ansteigende Straße. Dort fühlte ich mich an den Silvesterlauf in Wien bzw. den HM in Prag (beides im Vorjahr) erinnert: Auf der Straße gab es aufgrund der Läufermassen kein Fortkommen, sodass ich zum Gehsteigläufer mutierte. Allerdings war auch dort Vorsicht geboten, da immer wieder Boller im Weg standen. Ein solcher wurde einem französischen Läuferkollegen zum Verhängnis, als er mich überholen wollte und mit diesem kollidierte. Da ihn der Boller in der Leibesmitte traf, "stieg" Monsieur regelrecht neben mir auf. Gottlob konnte er aber nach kurzem Schock weiterlaufen. Nach Umrundung des Bahnhofs von Nizza ging es in einen Tunnel, wo natürlich der Satellitenempfang meiner Laufuhr verloren ging. Meine Garmin stoppte mir den dritten Kilometer nach Verlassen des Tunnels mit 4:56 ab, was natürlich Unfug war. Ich wusste, dass ich zu diesem Zeitpunkt ungefähr eine Minute langsamer unterwegs war, da die ersten beiden Kilometer über 6:00 waren. Ich musste also meinen Gesamt-Rundenschnitt um 3-4 sec korrigieren, damit ich richtig lag, sprich 5:16 auf der Anzeige haben, wenn ich 5:20 laufen wollte. Von diesem Schnitt war ich an dieser Stelle allerdings meilenweit entfernt. Es ging dann wieder auf die Promenade des Anglais, wo Andrea das in der Galerie ersichtliche Foto von mir schoss. Von dort ging es Richtung Hafen von Nizza, wo der ärgste Anstieg wartete. Diesen hatten wir allerdings am Vortag besichtigt, sodass ich ihn gut einschätzen konnte. Vom Hafen ging es nochmals leicht ansteigend in die Innenstadt und zurück zum Hafen, der einmal umrundet wurde. Danach ging es nocheinmal über den höchsten Anstieg zurück auf die Promenande des Anglais, wo dann die 10-KM-Marke bevorstand. Ich wollte dort einen Schnitt von 5:41 erreicht haben, da ich wusste, dass von dieser Stelle an der Kurs komplett flach ist und die 10KM-Läufer ins Ziel abgebogen waren. Diese Vorgabe schaffte ich, obwohl die Teilnehmer nichteinmal beim Bergablaufen Tempo machten. Ich nutzte das gemächliche Tempo zur Beobachtung der schnellsten Halbmarathonis, die gerade von der anderen Richtung ins Ziel kamen. Weiters war ich durch die Abbiege der 10KM-Läufer und eine Labestation so abgelenkt, dass ich an unserem Appartement vorbeilief. Ich musste mich umdrehen, um Andrea am Balkon zuzuwinken. An dieser Stelle begann dann mein Rennen erst wirklich. Ich wollte mich sukzessive auf den Schnitt von 5:20 runterarbeiten. Leider kosteten mir die beiden Rennen im Vorfeld und die Bergauf-Bergab-Kurs in Nizza auf den ersten 10 Kilometern aber soviel Kraft, dass ich gerade 5:20 laufen konnte. Diese Geschwindigkeit spulte ich absolut regelmäßig bis ins Ziel ab. Eine Beschleunigung auf 5:10 wäre mit höchster Anstrengung möglich gewesen, hätte mich aber an diesem Tag nicht zu meiner drittbesten HM-Zeit gebracht. Ich gab daher nicht mein letztes Hemd, da ich spürte, dass die Beine dafür zu wenig Kraft hatten, wenngleich die Luft gereicht hätte, was mich positiv stimmt. Mit einer Nettozeit von 1:57:53, somit einem Schnitt von 5:35, erreichte ich das Ziel. Mein erster Kommentar - verständlich in Deutsch und Französisch - war: "Miserabel!" Als ich den Zielbereich wenige Minuten später verlassen hatte, war ich allerdings schon wieder glücklich. Wo käme ich denn hin, wenn ich mich über eine Zeit von unter 2:00 h nicht mehr freuen könnte.


Strecke: Auf die Strecke bin ich im Rennverlauf schon eingegangen. Kurz zusammengefasst: Die ersten 10KM sind ein ziemliches Auf-und-Ab mit einem richtigen "Bock" beim Hafen. Dieser weist allerdings ein Plateau auf, sodass man sich am obersten Punkt etwas erholen kann. Man wird natürlich auch mit einem großartigen Ausblick auf Hafen, Strand und Meer belohnt. Die zweite Streckenhälfte ist dann völlig flach. Einzig vor dem Ziel ist ein langgezogener Anstieg, für den man sich noch etwas Kraft aufheben sollte. Die Strecke ist eher nicht rekordtauglich, wobei ich sagen muss, dass man mit entsprechender Form überall seine persönliche Bestzeit laufen kann. Meine beiden besten HM-Zeiten kamen nämlich nicht auf den einfachsten Kursen zustande.


Organisation: Die Marathon-Expo direkt bei Start/Ziel ist in Zelten in einem Park. Die Startnummer bekommt man - wie fast überall üblich - im letzten Eck, nachdem man bei allen Ausstellern vorbeigegangen ist. Am Freitag war wenig los. Die Dame, die mir die Startnummer und den Chip überreichte, konnte nicht Englisch, ich nicht Französisch, sodass sie mir mit Händen und Füssen erklärte, dass ich den Chip noch gültig machen muss, was an einem Computer mit Scanner erfolgte. Neben Startnummer und Chip gab es noch ein sehr schönes Funktionsshirt. Dies alles war im moderaten Startgeld von EUR 15,-- inkludiert. Die Organisation der Startaufstellung war ebenfalls in Ordnung. Man kam seitlich hinein, und damit das Gedränge nicht zu schlimm wurde, ließ man die Spitze des Feldes bis zum Startschuss immer wieder ein paar Meter nach vorne rücken, um hinten Platz zu schaffen. Wermutstropfen war, dass Männer unter 1:25 h einen bevorzugten Startplatz bekamen, Frauen schon mit einer HM-Zeit von 2:00 h. Natürlich durfte ich mich dann gleich nach einem Kilometer an einer "Cindy von Marzahn" vorbeikämpfen. Vorbildlich war auch die Getränkeausgabe an den drei Labestationen. Durch sehr lange Tische gab es keine Wartezeiten. Perfekt war auch die Zielverpflegung und wunderschön die Medaille.


Wetter: Von der Temperatur war es fürs Laufen mit 18 Grad an der Grenze. Ich war aber froh, dass der Wind sehr moderat war und aus der richtigen Richtung kam. Sprich: Die letzten 6 KM hatte ich ihn im Rücken. Bei unserer Ankunft zwei Tage vor dem Rennen blies er nämlich in Sturmstärke aus der Gegenrichtung. Strahlender Sonnenschein braucht an der Cote d´Azur nicht extra erwähnt werden, denke ich.

 

Spezielles/Statistisches: In Nizza habe ich ein lang ersehntes Ziel geschafft: Ich habe jetzt gleich viele HMs unter 2:00h wie über 2:00h. Natürlich möchte ich diese Statistik weiter verbessern! Auf KM 1,5 auf der Avenue Gambetta lief ich meinen 750. Rennkilometer. Interessant war die Zeitmessung: Es gibt einen Chip, den man mit einem Kabelbinder oder extra Schuhbändern am Laufschuh befestigt. Es gibt aber keine Nettozeit! Als ich meinen Namen am Tag nach dem Rennen in der "Nice Matin" (Nizza Morgenzeitung) suchte, musste ich feststellen, dass ich mit 1:59:56 in der Wertung bin, anstelle der von mir gestoppten 1:57:53. Zu Hause entdeckte ich noch im Internet, dass ich KM 10-15 in 31 min gelaufen sein soll. Dies entspräche einem Schnitt von über 6 min. Tatsächlich lief ich diesen Abschnitt aber mit einem 5:20er-Schnitt. Das heisst, dass nichteinmal die Zwischenzeitteppiche an der richtigen Stelle lagen. Da kann man sich glücklich schätzen, eine Satellitenlaufuhr zu besitzen, wo alles punktgenau nachvollzogen werden kann. Damit weiss ich auch, dass ich ein eindeutiges "Negativ splitting" von rund 3 Minuten erzielt habe.

 
Resümee: Der HM in Nizza war schön - er heisst ja auch "Nice Semi-Marathon" ;-) Toll war unser Quartier direkt bei Start und Ziel, wo ich mich rennfertig machte und dabei ca. 30 Eliteläufer (hauptsächlich Afrikaner) zum Start spazieren sah. Die Beobachtung der Elite während des Laufs war durch den Gegenverkehrsbereich auch ein wunderbares Erlebnis. Man sieht einerseits verbissene Gesichter, dann welche, die locker laufen und wieder andere, die sich was - freundliches oder unfreundliches - zurufen. Laufen werde ich den Nizza-HM nicht mehr, da mir Massenläufe nicht besonders gefallen. Ich wurde an meinen letzten Auftritt beim Vienna City Marathon erinnert, wo es noch schlimmer zugeht und ich durch Zickzack-Laufen völlig erledigt in der Mariahilferstraße gehen musste. In Nizza legte ich es gescheiter an und überholte den 2:00h-Ballon erst beim Hotel Negresco einen Kilometer vor dem Ziel.


Ausblick: Am 15.5.11 steht mein heuriger Saisonhöhepunkt am Programm - egal was ich im Herbst noch laufen werde: Die HM-Europameisterschaft in Thionville (ebenfalls Frankreich). Ich hoffe, dass ich dort genauso fit am Start stehen werde wie in Nizza und dass die Strecke weniger anspruchsvoll ist. Ein Massenlauf ist definitiv auszuschliessen, sodass es an mir liegen wird, eine gute Zeit zu erzielen. Ich denke, das wird der Tag sein, wo auch ich mich wieder quäle ;-)