Linz Donau Marathon vom 22.4.2012

Mein 26. Halbmarathon war um 2,6 Kilometer zu lang!

Erst am Donnerstag vor dem Rennen war ich nach meiner aus Finnland mitgebrachten Seitenstrangangina wieder arbeitsfähig, davor war ich eine Woche im Krankenstand. Am Freitag erfolgte nach einem stressigen Bürotag und hektischem Kofferpacken die Anreise nach Linz. Dort traf ich mich auf der Marathonexpo gleich mit meinem Freund aus Lignano: Markus Knasmüller von LAC Amateure Steyr, dreifacher Medaillengewinner bei den European Masters Games in Lignano (5.000 m, 10.000 m und 3.000 m Hindernis). Nach der Startnummernabholung nutzen wir noch ein gemeinsames Abendessen zum läuferischen Erfahrungsaustausch. Am Samstag stand bei herrlichem Frühlingswetter eine ausgiebige Stadtbesichtigung mit meiner Frau Andrea und meinem Sohn Theodor am Programm. Am Renntag gab schließlich bestes Laufwetter mit 10 Grad und unerheblichem Wind (wobei der Wind von einigen Läufern anders empfunden wurde). Ich ging nach meiner Erkrankung mit keinem bestimmten Ziel ins Rennen: Von pB bis vorzeitigem Abbiegen ins Viertelmarathon-Ziel erschien mir alles möglich – doch der Reihe nach...

Rennverlauf: Hier muss ich einmal vor dem Rennen anfangen und kann die Überschrift dieses Berichts aufklären: Wir hatten ein wunderschönes Hotel in der Linzer Innenstadt bezogen, welches allerdings nicht am Start des Rennen, der Voest-Brücke, sondern in Zielnähe beim Linzer Hauptplatz lag. Einen Shuttledienst hat der Veranstalter von dort nicht eingerichtet. So erkundigte ich mich am Vorabend an der Rezeption, wie ich am besten zum Start käme. Mir wurde gesagt, dass mir ein Taxi gerufen würde, welches fünf Minuten später da wäre. Auch am Morgen bekam ich von einer anderen Rezeptionistin die gleichlautende Auskunft, als sie mir das Taxi orderte. Ich wartete also vor dem Hoteleingang, bis nach rund 10 Minuten die Rezeptionistin hinter mir stand und sich entschuldige, dass aufgrund der Straßensperren keine Taxis mehr fahren würden. Ich ging also nochmals aufs Zimmer warf mich in meine Rennkluft und joggte Richtung Start. Bei diesem Einlaufen merkte ich, dass mich ein Schnitt von 5:50 anstrengte. Als ich meine Garmin bei der Voest-Brücke nach 2,6 KM abstoppte, war dementsprechend kein Gedanke an eine pB mehr vorhanden. Ich dachte, dass ich mein Finnland-Ergebnis bestätigen möchte und mit 5:20 anlaufen werde, was ich dann auch tat. Nachdem die Läufer in der gesamten Startaufstellung nicht "dicht an dicht", sondern wie Sardinen Körper an Körper zusammengepfercht standen, begab ich mich ans absolute Ende des Feldes. Überraschenderweise konnte ich dann nach Überqueren des Startteppichs sofort mein Tempo von 5:20 auf der Voest-Brücke wie auch auf der Mühlkreisautobahn laufen. Zirka bei KM 4 wurde es aber in Urfahr eng, als das Feld der Viertelmarathonis sich mit unserem Läuferfeld vermischte, das bis dahin auf der anderen Richtungsfahrbahn der Mühlkreisautobahn gelaufen war. Für mich hieß dies, dass mein Tempo für zwei Kilometer auf einen niedrigen 6er-Schnitt zurückging. Auf Zick-Zack-Laufen, um ein paar Sekunden zu gewinnen, verzichtete ich bewusst, da mir von einem früheren HM beim Vienna City Marathon klar war, dass das zu viel Kraft kostet, was einem in weiterer Folge zum Verhängnis werden kann. Ich merkte in dieser Rennphase auch, dass eine Zielankunft beim heutigen HM eine enorme Plage für mich werden würde. Als ich die KM-Tafel 8 erblickte überlegte ich ernsthaft, ob ich mit den Viertelmarathonis ins Ziel biegen würde. Ich gab mir noch einen Kilometer für die Entscheidung Zeit, wo Andrea und Theodor an der Strecke stehen würden. Dort nach Überqueren der Nibelungenbrücke im Bereich der Altstadt von Linz angekommen, sagte ich zu meiner Frau, dass das heute auf zwei Stunden hingeht. Ich sollte Recht behalten… Andrea motivierte mich aber, dass ich das schon schaffen werde. Somit feuerte ich einen schnellen Kilometer heraus und hatte plötzlich auch extrem viel Platz zum Laufen, da nach dem Wegbiegen vom Brucknerhaus den Läufern eine vierspurige Straße zur Verfügung stand. Quälte ich mich 20 Minuten zuvor noch mit Läufermassen, war nun das Problem, dass ich mich an niemanden „anhängen“ konnte. Es passte also wenig, und ich grübelte, wie ich die restlichen 11 Kilometer ohne Qualen und ohne pW (personal Worst) überstehen könnte. Ich beschloss, bis zur Labe bei KM 14 jedenfalls durchzulaufen und dort dann eine längere Gehpause zu absolvieren, was klappte. Nachdem dies funktionierte, wollte ich jetzt bis zur Labestation bei KM 18 durchlaufen, was schon schwieriger war, aber auch noch klappte. Danach musste ich allerdings um KM 19 herum zweimal ganz kurz gehen, u.zw. jeweils rund 15 Meter über eine Kreuzung. Bei meiner Pulsauswertung stellte ich später fest, dass ich ab KM 17 bereits an meiner anaeroben Schwelle und knapp darüber lief. Als ich endlich die Landstraße erreichte, schaltete ich meine Garmin auf das Zeit-Menü um und sah 1:57:30 aufflimmern. Ich wusste, dass die Landstraße irrsinnig lang ist bevor sie in den Hauptplatz und somit in den Zielbereich einmündet. Ich nahm also meine Beine in die Hand, um eine Sub-2h-Zeit zu realisieren. Die Pflastersteine und Straßenbahnschienen waren für einen Sprint mit einer Höchstgeschwindigkeit von 2:54 min/km (!!!) nicht wirklich günstig. Als ich den letzten Zeitmessteppich vor dem Zielbogen sah, blickte ich auf die Uhr, und es standen 1:59:30 drauf. Ich dachte mir, dass es jetzt nur mehr 100 Meter wären und ich diese sicher in 29 Sekunden bewältigen könnte. Es war allerdings der Teppich bei KM 42, und ich hatte noch 195 Meter zu laufen. Obwohl ich eine Sub-2h-Zeit verfehlt hatte, jubelte ich im Ziel. Ich war glücklich dieses Rennen überstanden zu haben. Ich setzte mich auf den Boden, öffnete meine Schuhbänder und verfolgte noch den Zieleinlauf des Marathon-Siegers aus Kenia. Dann musste ich weitergehen, fand aber Markus Knasmüller nicht, dem ich ein Bier schuldete. Ich hatte mir mit ihm nämlich ein „Catch-me-if-you-can-Race“ ausgemacht: Würde ich mehr als 20 Minuten nach ihm ins Ziel kommen, müsste ich ihm ein Bier spendieren, ansonsten er mir eines. Mir war klar, dass Markus keine 1:40 h gebraucht haben wird, war er zuletzt doch beständig unter dieser Marke geblieben, sogar sieben Mal unter 1:35 h. Wohlfeile 1:33:32 h wies das Pentek-Zeitmesssystem als Endzeit für ihn aus. Herzlichen Glückwunsch, Markus!

Strecke: Die Linzer Strecke ist sicher „auf der leichteren Seite“, wenngleich jetzt Wien die bislang schnellsten je in Österreich gelaufenen Zeiten im Marathon und Halbmarathon aufweisen kann. Die beiden Brücken (Voest-Brücke und Nibelungenbrücke) stellen kein Problem dar. Obwohl sie lange sind, sind keine nennenswerten Höhenmeter zu laufen. Zwei Anstiege sind mir in Erinnerung: In Urfahr geht es zu Beginn langgezogen bergauf, und nach KM 18 folgt paralell zur Landstraße ebenfalls noch ein langgezogener Anstieg. Dreimal sind Brückenunterführungen zu durchlaufen. Beim HM sollte man sich für die letzten Kilometer Körner reservieren, da neben dem eben erwähnten Anstieg bei KM 18 die Zielgerade auf der Landstraße eine Herausforderung darstellt: Man glaubt nicht, wie viel Kraft von unebenen Pflastersteinen im Gegensatz zu einer ebenen Straße absorbiert wird.

Organisation: Herauszustreichen ist, dass die Marathonexpo tiptop organisiert ist: Flinke Helfer lassen es zu keinen Wartezeiten kommen. Ebenso sind die Labestellen im Rennen top besetzt. Ich musste im größten Bulk (2h-HM bzw. 4h-Marathon) nirgends warten, um an mein Getränk zu kommen oder zur Beschleunigung auf das andere Getränk (Wasser, wenn Iso gewünscht) ausweichen, wie ich es schon des Öfteren bei Massenrennen erlebte. Etwas schade finde ich, dass die Kleiderabgabe 2 Kilometer vom Start und 0,5 Kilometer vom Ziel entfernt ist. Wenn dem schon so ist, würde ich einen Shuttledienst von der Kleiderabgabe zum Start begrüßen.
 
Wetter: Aus meiner Sicht herrschten ideale Laufbedingungen. Für mich war der Wind kaum spürbar bzw. hatte ich mit Schlimmerem gerechnet. Beim Verlassen des Hotels zeigte das dortige Thermometer 10 Grad, bei der Rückkehr 12 Grad. Der angekündigte Regen blieb während meines Rennens aus, bei der Abfahrt aus dem Hotel am Nachmittag regnete es leicht.

Spezielles/Statistisches: Bei meinem 26. HM machte ich das Dutzend der Zielankünfte über 2 h voll :-( Ich scheiterte allerdings so knapp wie nie zuvor an der 2h-Marke. Von der Distanz war es definitiv der längste HM meiner Karriere: Zu den 2,6 Laufkilometern zum Start kamen die 200 Meter zu lange Strecke laut Garmin. Zudem musste ich noch ans Ende der Startaufstellung gehen und von dort bis zum Startteppich laufen, sodass der Linz-HM für mich definitiv mehr als 24 Kilometer lang war.

Resümee: Nach „Kärnten Läuft“ im August 2010 war ich zum zweiten Mal nicht fit am Start eines HMs (bei 26 Antritten). Dazu kamen zahlreichen Faktoren, die gegen eine Zeit unter 2 h sprachen: Wenig Schlaf in den beiden Nächten vor dem Rennen, Stadtbesichtigung, Lauf zum Start etc. Laufen sieht so einfach aus, wenn man am Streckenrand steht, aber es steckt in Wirklichkeit so viel dahinter! Der Spruch „Jeder ist ein Sieger!“ ist zwar abgedroschen, birgt aber viel Wahrheit in sich. Mein besonderer Sieg in diesem Rennen war, dass ich nicht ins Viertelmarathon-Ziel abbog, sondern die HM-Strecke durchdrückte. Im Gegensatz zu „Kärnten Läuft“ war dies eine Extra-Überwindung, da mir von Velden startend keine andere Wahl blieb, als nach Klagenfurt durchzulaufen – auch wenn es damals nach 6 Kilometern „schmerzte“. In Linz wusste ich sogar noch früher, dass ich diesen HM „über den Kopf laufen“ musste. Wenn dazu die Option kommt, nach 9 Kilometern ins Viertelmarathon-Ziel abzubiegen, wird es nicht leichter… Der Linz-HM hat trotz schlechter Endzeit daher einen hohen Stellenwert in meiner HM-Liste!

Ausblick: Leider hat der – unbelohnte – Sprint auf der Linzer Landstraße mein rechtes Knie beleidigt. Das Auslaufen am „Day after“ war für ebendieses schlimm. Ich hoffe, noch den Oberwarter Stadtlauf zum Abschluss meiner Frühjahrssaison „mitnehmen“ zu können, mache mir aber diesbezüglich keinen Stress. Mein Kampfgeist in Linz hat mir Lust auf mehr HMs als für 2012 geplant gemacht. Statt 2 möchte ich jetzt noch 3 Stück laufen, wobei ich aber wirklich vernünftig sein muss: kein Antreten bei Krankheit und kein Antreten auf nicht bestzeittauglichen Strecken!